Green Claims Richtlinie: Das müssen Sie wissen

Umweltaussagen: Was darf man, was nicht?
Mit der Green Claims Directive (deutsch: Green Claims Richtlinie) schiebt die Europäische Union irreführenden umweltbezogenen Werbeaussagen einen Riegel vor. Unternehmen, die sich mit grünen Werbeversprechen positionieren, müssen bald nachvollziehbar begründen, wie sie zu diesen umweltbezogenen Aussagen gelangt sind. Noch kann jeder von sich oder seinem Produkt behaupten, dass es besonders "grün" ist. Das führt zu sogenanntem Greenwashing: Hier werden falsche Claims zur Nachhaltigkeit gemacht, was die Verbraucher täuscht. Spätestens 2026 ist damit Schluss: Dann müssen Unternehmen ihre Umweltaussagen belegen. Was die Green Claims Richtlinie für Unternehmer bedeutet, erfahren Sie in diesem Beitrag.

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Immer mehr Verbraucher streben danach, ihren ökologischen Fußabdruck zu verringern. Dieser Wandel in der Denkweise hat dazu geführt, dass umweltfreundliche Produkte immer beliebter werden und der Markt an vermeintlich umweltfreundlichen Produkten rasant wächst.

Unternehmen nutzen dies als Chance und bewerben ihre Produkte verstärkt mit Begriffen wie „klimaneutral“, „umweltfreundlich“ und ähnlichem. Jedoch halten viele dieser Werbeaussagen und Labels einer Überprüfung nicht stand. So waren nach einer im Jahr 2020 durchgeführten Studie der EU 53,3% der Umweltaussagen vage, irreführend oder unbegründet und 40% der Aussagen konnten nicht belegt werden. Ferner stellte die Studie fest, dass bei der Mehrzahl der geprüften Aussagen unklar war, ob sich die Aussagen auf einzelne Komponenten oder das gesamte Produkt beziehen oder ob sich die Aussage auf das ganze Unternehmen übertragen lässt. Auch konnte häufig nicht festgestellt werden, auf welche Phase des Produktlebenszyklus sich die Aussage bezieht. Aus diesem Grund möchte die EU mit der Green Claims Richtlinie stärker gegen irreführende und unbegründete Umweltaussagen (sogenanntes Greenwashing) vorgehen und ein einheitliches Regelwerk schaffen, um damit Verbrauchern mehr Transparenz zu ermöglichen und unlauteren Wettbewerb zu bekämpfen.

Ab wann gilt die Green Claims Richtlinie?

Der Vorschlag zur EU-Richtlinie wurde März 2024 vom Europäischen Parlament verabschiedet, die Einschätzung des EU-Umweltrates erfolgte am 17.Juni 2024. Die endgültige Fassung der Green Claims Directive wird auf Basis der beiden Standpunkte voraussichtlich in ein paar Monaten feststehen.

Die Umsetzung in den Mitgliedstaaten soll bis zum 27. März 2026 erfolgen und ab dem 27. September 2026 Anwendung finden. In Deutschland wird die Umsetzung der Richtlinie innerhalb des UWG (Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb) vorgenommen.

Welche Unternehmen sind von der Green Claims Directive betroffen?

Grundsätzlich sind alle natürlichen und juristischen Personen von der Richtlinie betroffen, die innerhalb der EU-Produkte verkaufen oder Dienstleistungen erbringen, die als umweltfreundlich, ökologisch, nachhaltig oder ähnlich beworben werden. Die Richtlinie umfasst alle Branchen und Unternehmensgrößen, jedoch sollen die verschiedenen Länder Maßnahmen ergreifen, um KMU bei der Umsetzung der Richtlinie zu unterstützen, z.B. finanziell, organisatorisch oder mittels Schulungen. Außerdem soll Kleinstunternehmen mehr Zeit gewährt werden: Unternehmen mit weniger als 10 Mitarbeitern und 2 Millionen Euro Umsatz pro Jahr sollen voraussichtlich 14 Monate zusätzlich bekommen, um die Vorschriften zu erfüllen.

Auf Unternehmen, die mit grünen Labels, Slogans etc. werben, kommen also in jedem Fall neue Pflichten zu. Im Folgenden haben wir Informationen zusammengestellt, was Firmen erwartet. Da die endgültige Fassung der Richtlinie noch nicht verabschiedet wurde, ist noch von Änderungen auszugehen.

Die folgenden Auflistungen von Anforderungen basieren auf dem ersten Entwurf der Richtlinie (03/2023).

Welche Anforderungen werden an ausdrückliche Umweltaussagen gestellt?

Nach der Richtlinie müssen die europäischen Mitgliedsstaaten sicherstellen, dass Unternehmen eine Bewertung durchführen, die die Richtigkeit der umweltbezogenen Aussage begründet. Momentan ist noch unklar, welche Behörde für die Bewertung der Umweltaussagen zuständig ist. Diese Bewertung erfordert unter anderem:

  1. Es muss klargestellt sein, ob sich die Umweltaussage auf das ganze Produkt, einen Teil des Produkts oder nur auf bestimmte Aspekte des Produkts bezieht. Genauso muss klargestellt sein, ob sich die Aussage auf das Unternehmen als Ganzes oder nur auf Teile des Unternehmens bezieht.

Beispiel: Ein Unternehmen wirbt damit, durch neue Maßnahmen 10% weniger Wasser zu verbrauchen, verschweigt aber, dass sich dies nur auf den Produktionsprozess eines einzigen Produkts bezieht.

  1. Die Umweltaussage muss nach allgemein anerkannten wissenschaftlichen Erkenntnissen, genauen Informationen und einschlägigen internationalen Standards bewertet werden.
  2. Die Bewertung muss nachweisen, dass die positiven Merkmale, die in der Umweltaussage hervorgestellt werden, während des Lebenszyklus des Produkts relevant
  3. Es muss nachgewiesen werden, dass sich die Umweltaussage nicht nur auf gesetzliche Mindestmaße, die für ein Produkt bzw. für eine Branche gelten, bezieht und darf dies nicht als etwas Besonderes darstellen.
  4. Die Bewertung muss bei Aussagen über die Umweltleistung alle Aspekte und Auswirkungen, die für die Bewertung der Umweltleistung entscheidend sind, berücksichtigen.
  5. Die Bewertung muss berücksichtigen, ob das Verbessern der Umwelteigenschaften in einem Bereich zu einer signifikanten Verschlechterung der Umwelteigenschaften in einem anderen Bereich führt.

Beispiel: Ein Produkt wird durch geänderte Materialien haltbarer und wiederverwendbar aber auch deutlich schwerer zu recyclen.

  1. Ausgleichszahlungen für Treibhausgase müssen transparent nachvollziehbar Insbesondere muss nachvollziehbar sein, ob sich die Ausgleichszahlung auf die Minderung von Treibhausgasemissionen oder auf die Entnahme von Treibhausgasen aus der Atmosphäre beziehen.

Welche Anforderungen werden an vergleichende Umweltaussagen gestellt?

Die Richtlinie sieht zusätzlich noch weitere Bewertungsgrundlagen für vergleichende Umweltaussagen vor. Bei vergleichenden Umweltaussagen wird entweder behauptet oder impliziert, dass ein Produkt oder ein Unternehmen eine bessere Umweltleistung erzielt oder weniger negative Umweltauswirkungen produziert als Konkurrenten bzw. Konkurrenzprodukte. Gefordert wird unter anderem:

  1. Die Bewertung der Umweltaspekte, Umweltleistungen und Umweltauswirkungen eines Produkts oder Unternehmen müssen auf denselben Informationen beruhen wie die, die bei der Bewertung des verglichenen Produkts oder Unternehmen verwendet wurden.
  2. Die Daten, die für die Bewertung verwendet werden, müssen auf die gleiche Weise erhoben werden wie die Daten des verglichenen Produkts bzw. Unternehmen.
  3. Die Stufen entlang der Wertschöpfungsketten werden in gleicher Weise berücksichtigt, insbesondere wird gewährleistet, dass die wichtigsten Stufen einbezogen werden.
  4. Die Berücksichtigung der Umweltaspekte, Umweltleistungen und Umweltauswirkungen muss für das vergleichende Produkt bzw. den vergleichenden Unternehmen nach denselben Maßstäben
  5. Wird der Vergleich auf Grundlage eines Vorgängerprodukts erstellt, dann muss in der Begründung der umweltbezogenen Aussage erläutert Folgendes erläutert werden: Wie beeinflusst die Verbesserung andere relevante Umweltauswirkungen, Umweltaspekte oder Umweltleistungen des Produkts, auf das sich die Aussage bezieht? Zudem muss das Referenzjahr, auf dem der Vergleich beruht, angegeben werden.

Erneute Überprüfung

Des Weiteren wird verlangt, dass das Unternehmen die Bewertung erneut durchführt, wenn sich entweder wesentliche Aspekte der Bewertungsgrundlage geändert haben oder die ursprüngliche Aussage und die bereitgestellten Informationen bereits 5 Jahre alt sind.

Wie müssen Unternehmen Umweltaussagen kommunizieren?

Grundsätzlich dürfen Unternehmen nur die Umweltaussagen kommunizieren, die für das betreffende Produkt oder Unternehmen als bedeutend eingestuft werden. Wenn sich der Claim auf ein Endprodukt bezieht, muss die Aussage Informationen enthalten, wie der Verbraucher das Produkt nutzen soll, damit die erwartete Umweltleistung erfüllt werden kann. Sollte sich eine Umweltaussage auf die Umweltleistung eines Produkts oder eines Unternehmens in der Zukunft beziehen, muss sie eine zeitlich festgelegte Verpflichtung für Verbesserungen der eigenen Tätigkeiten und innerhalb der Wertschöpfungsketten enthalten. Zusätzlich müssen Informationen, die über das Produkt bzw. das Unternehmen, über das die Umweltaussage getätigt wird, und die Begründung der Umweltaussage zusammen entweder in physischer Form oder in Form einer Webseite, eines QR-Codes oder in ähnlicher Form bereitgestellt werden. Die Informationen müssen dabei mindestens umfassen:

  1. Die Umweltaspekte, Umweltauswirkungen oder die Umweltleistung, die Gegenstand der Aussage sind.
  2. Die einschlägigen Unionsnormen bzw. die einschlägigen internationalen Normen.
  3. Die zugrundeliegenden Studien oder Berechnungen, die zur Bewertung herangezogen wurden, es sei denn es handelt sich um Geschäftsgeheimnisse.
  4. Eine kurze Erläuterung wie die Verbesserung erreicht
  5. Die Konformitätsbescheinigung und die Kontaktdaten der jeweiligen Prüfstelle.
  6. Falls vorhanden, der Umfang von Ausgleichszahlungen für Treibhausgase und ob diese Ausgleichszahlungen für die Minderung des Treibhausgasausstoßes oder zur Entnahme von Treibhausgasen aus der Atmosphäre genutzt wurden.
  7. Eine klare und verständliche Zusammenfassung der Bewertung und der vorherigen Punkte in mindestens einer der Amtssprachen des Mitgliedsstaates in dem mit der Umweltaussage geworben wird.

Umweltkennzeichen und Umweltkennzeichnungssysteme

Die Green Claims Directive sieht außerdem vor, bei den vorhanden Umweltkennzeichnungen, die oft in privater Hand sind, für mehr Transparenz zu sorgen. Unter anderem wird von den Umweltkennzeichnungssystemen verlangt, dass sie folgendes offenlegen und bereitstellen:

  1. Die Informationen über Eigentümer und Entscheidungsgremium des Systems sind transparent, kostenlos, leicht verständlich und hinreichend detailliert anzugeben.
  2. Die Informationen über die Ziele des Umweltzeichensystems und die Anforderungen sowie Verfahren zur Überwachung der Einhaltung des Umweltzeichensystems müssen transparent, kostenlos, leicht verständlich und hinreichend detailliert sein.
  3. Die Bedingungen zur Teilnahme am Umweltkennzeichnungssystem müssen angemessen hinsichtlich Größe und Umsatz der teilnehmenden Unternehmen sein, um kleine und mittelständische Unternehmen nicht auszuschließen.
  4. Die Anforderungen der Systeme müssen von Sachverständigen mit wissenschaftlichem Hintergrund entworfen werden und einer gesellschaftlich relevanten Gruppe von verschiedenen Interessenträgern zur Konsultation vorgelegt werden.
  5. Das System muss über ein Beschwerde- und Streitbeilegungsmechanismus verfügen und bei schwerwiegenden Verstößen die Entziehung des Kennzeichens vorsehen, damit Unternehmen, die gegen die Anforderungen verstoßen, keinen Freifahrtschein bekommen.

Welche Sanktionen können bei Verstößen verhängt werden?

Die Sanktionen können – je nach Art und Schwere des Verstoßes – vom zeitweiligen Ausschluss aus öffentlichen Vergabeverfahren bis hin zur Abgabe von mindestens 4% des Jahresumsatzes reichen, wobei Wiederholungstäter schwerer bestraft werden. Auch die Beschlagnahmung von Produkten wird in Erwägung gezogen.

Fazit

Angesichts der steigenden Beliebtheit umweltfreundlicher Produkte und des zunehmenden Bewusstseins der Verbraucher für ökologische Fragen ist es von entscheidender Bedeutung, Maßnahmen zu ergreifen, um Greenwashing zu bekämpfen und die Glaubwürdigkeit von Nachhaltigkeitsaussagen zu stärken. Auf der anderen Seite erhöht das Inkrafttreten der europäischen Richtlinie die Anforderung an die Nachhaltigkeit von Unternehmen signifikant. Deshalb sollten sich Unternehmen bereits jetzt einen kritischen Überblick über ihre Umweltaussagen verschaffen und Konzepte entwickeln, wie sie diese in Zukunft belegen. Als Experte für alle EU-Pflichten rund um Ihre Umweltverantwortung und EPR-Registrierung bleiben wir stets auf dem neuesten Stand.

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